Wirtschaft

Aachener Einkaufsmeilen gut platziert! Sagt wer?

Heute stand in den Aachener Nachrichten zu lesen: “Die Aachener Einkaufsmeilen sind noch gut platziert!”. Ich melde hier mal meine Bedenken an.

Abgesehen davon, dass der Artikel sich allgemein, doch besonders zum Ende hin stark wie eine lancierte Unternehmensdarstellung liest (und der letzte Absatz im Wortlaut identisch auch auf der Unternehmensseite zu finden ist), lohnt es, öffentlich zugängliche Informationen zusammenzutragen:
Die Leerstände in der Großkölnstraße 57 und Großkölnstraße 59-63 befinden sich im Portfolio des Citymaklers Kemper’s Köln GmbH (einzusehen über das Einzelhandel-Informations-System). Zumindest offiziell, denn seit etwa 10 Jahren tut sich da offensichtlich nichts, bis auf dass die Objekte langsam zerfallen und einen weiteren Schandfleck in der Aachener 1a-Lage darstellen.
Im Jahr 2008 kaufte das Unternehmen Jones Lang LaSalle den Citymakler Kemper’s. Und damit besitzt LaSalle in Aachens bester Lage mindestens ein Großobjekt, das sie vermutlich irgendwann auch wieder unters Volk bringen wollen. Im unternehmenseigenen Retail City Profile Aachen 2011 (dort verlinkt: PDF, 1,2MB) kann sich der geneigte Immobilieninteressent ein Bild von der vorteilhaften und gedeihlichen Einzelhandels-Infrastruktur machen: Die Spitzenmietpreis-Entwicklung in Aachen von 2002 bis 2011 betrug lt. Profil 29,4%. Im gleichen Zeitraum gab es eine Inflation von nur 15,4%! Wenn das keine lohnenswerte Investition ist! Verwunderlich nur, dass da 780qm in bester Lage einfach keine Abnehmer zu finden scheinen…
Desweiteren ist LaSalle nach eigenen Angaben marktführendes Beratungsunternehmen im Bereich Retail/Einzelhandelsimmobilien auch für Projektentwickler. Heute morgen war die Kaiserbrache noch da… beauftragt ECE evtl. LaSalle mit der Vermietung der Kaiser-Galerie, so dass eine zuversichtliche Statistik mehr Interessenten anlockt?
Oder greift LaSalle dem Kaisergalerie-Entwickler ECE eher nicht unter die Arme? LaSalle ist ebenfalls nach eigenen Angaben selber Betreiber von über 600.000qm Shopping-Center-Fläche in Deutschland und Österreich.
Wenn sie also Passantenzählungen durchführen, dann machen sie das sicher nicht, weil sie gerade Zeit haben und ihre Leute beschäftigen müssen. Hier sammeln sie wohl eher gute Verkaufsargumente für Einzelhändler (als potenzielle Mieter der Galerie) und Immobilien- und Rentenfonds, die sich an Finanzierung und Gewinn der Galerie beteiligen sollen. Besonders der zweite Punkt macht mir Magengrimmen, denn diesen Fonds ist das wirtschaftliche und soziale Umfeld ihrer Investitionen meist schnurzegal…
Wer profitiert von dieser Aktion? Egal, ob die Galerie von ECE oder LaSalle betrieben wird: Die Zahlen versprechen halbrosa Zeiten. Für Betreiber, (Ver-)Mieter und Fondsgesellschaften. Alles wird gut.
Jemand, der nicht täglich durch die Adalbertstraße geht, könnte nach dem Lesen des Artikels tatsächlich meinen, es wäre dort alles im Lot. Die Galerie kann kommen: genügend finanzkräftige Konsumenten warten nur darauf, endlich ihr Geld mit weit offenen Brieftaschen auszugeben. Zumindest sagt die Statistik das.
Und wem das alles zu sehr an den Haaren herbeigezogen ist:
Es ist belanglos, wieviele Menschen durch die Straßen laufen. Sie müssen zunächst einmal Geld haben, das sie in die Geschäfte tragen wollen, und dabei sollen sie so zufrieden sein, dass sie gerne wiederkommen.
Davon steht aber leider nichts in dem Artikel.