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Schulsozialarbeit in NRW für drei Jahre gerettet?

Die NRW-Landesregierung erklärt sich bereit, nach dem Auslaufen der BuT-Förderung für die Schulsozialarbeit in die Bresche zu springen und die Finanzierung für die nächsten drei Jahre zu übernehmen. Alles gut also?

Nicht, wie ich es verstehe.
Die Landesregierung spricht in ihrer Pressemeldung davon, dass sie mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Vereinbarung getroffen hat. Diese Vereinbarung besagt, dass die Landesregierung in den kommenden drei Jahren jährlich 47,7 Millionen Euro für die Schulsozialarbeit aufbringt, wenn die 53 kreisfreien Städte und Kreise jährlich 19,8 Millionen Euro beisteuern.
Das knistert auf mehreren Ebenen…

Kommunale Spitzenverbände

In NRW haben wir einen ganzen Schwung davon: den Städte- und Gemeindebund NRW, den Städtetag NRW oder den Landkreistag NRW. Die setzen sich zwar aus Vertretern der Städte und Kreise zusammen (hauptsächlich Bürgermeister bzw. Landräte, teilweise auch Kommunalpolitiker), sprechen aber nicht unbedingt immer auch im Namen aller kommunalen Mitglieder (was sich deutlich beim Thema PKW-Maut zeigt).

Kommunale Anteile

53 kreisfreie Städte und Kreise in NRW sollen also pro Jahr 19,8 Millionen Euro aufbringen. Das macht je Stadt oder Kreis ca. 374000 Euro pro Jahr. Sportlich, wenn man in einer Haushaltssicherung oder -sperre operiert. Es dürfte sich hierbei um freiwillige Leistungen handeln, die in diesem Fall ganz sicher nicht verfügbar sind. Entsprechend erhöhen sich die Anteile der anderen Städte und Kreise. Und die müssen diese Beiträge irgendwie gegenfinanzieren.
Es ist absehbar, dass wir in drei Jahren die Schulsozialarbeit wieder einstampfen müssen, weil die Kommunen ganz sicher nicht 100% der Kosten übernehmen werden; weil sie kein Geld haben und/oder weil sie sich nicht für zuständig halten.

Beschlüsse in den Ausschüssen

Die Freigabe der Mittel erfolgt durch Beschlüsse in den politischen Gremien. In Stadt und StädteRegion Aachen sind das die Ausschüsse, die dem Rat oder dem StädteRegionstag eine entsprechende Empfehlung aussprechen. Im Schulausschuss der StädteRegion hatten wir genau dieses Thema: Die SPD wollte die Fortführung der Schulsozialarbeit durch die StädteRegion übernehmen lassen, was aber keine Mehrheit fand. Einerseits ist auch in der StädteRegion das Geld knapp; andererseits sieht man die Schulsozialarbeit klar als Aufgabe von Land oder Bund. Wieso also dafür noch die eigenen klammen Kassen belasten?
Wenn diese Auslegung auch in anderen Ausschüssen vorherrscht und die Beschlüsse entsprechend negativ ausfallen, erhöht sich zwangsläufig der Beitrag für die anderen Kommunen. Die werden sich kaum dafür bedanken, dass sie die Schulsozialarbeit für alle anderen mitfinanzieren dürfen.
Und am Ende heißt es dann von Seiten der Landesregierung: “Jahaa, wir haben offensichtlich gewollt, aber die Kommunen haben nicht mitgezogen.”

Und nun?

Das Angebot der Landesregierung halte ich für Blendwerk.
Auch, wenn anteilig “nur” 19,8 Mio Euro aufzubringen besser ist als 67,6 Mio Euro tutto completto: Dieses joviale Getue der Landesregierung um “Rettung der Schulsozialarbeit” kann ich aktuell nicht würdigen. Entscheidend wird sein, was die Ausschüsse der Städte und Kreise mit ihren klammen Kassen im Rücken beschließen.
Ja, ich bin dafür, die Schulsozialarbeit weiter zu finanzieren. Allerdings sehe ich vorrangig zunächst den Bund in der Pflicht… erst anzufüttern und dann am langen Arm verhungern zu lassen, ist mieser Stil. Als nächstes käme das Land dran: Schulsozialarbeit ist Arbeit am Kind bzw. am Jugendlichen. Sie bedient quasi das geistige Wohl. Das ist – wie die Bildung – eine Aufgabe des Landes. Die Kommunen hingegen sorgen für das körperliche Wohl: Saubere Räume, warmes Essen und sichere Beförderung. Ich könnte mir tatsächlich vorstellen, dass es zur allergrößten Not auch aus Mitteln des städtischen bzw. städteregionalen Haushalts zu leisten wäre, aber ausschließlich bei seriöser und achtsamer Gegenfinanzierung.
Für “meine” Ausschüsse in Stadt und StädteRegion Aachen werde ich mal etwas vorbereiten und an dieser Stelle berichten.
Falls sich übrigens eine der anderen Fraktionen angesprochen fühlt: Ich würde auch gerne an einer gemeinsamen Beschlussfassung mitarbeiten, bevor wir hier alle das Rad gleichermaßen neu erfinden.
Wir müssen auf jeden Fall die Kuh vom Eis bekommen. Schnell und auf Dauer.